Gegen das Corona-Koma: Innovation statt Repetition

Natürlich leben wir momentan in innovativen Zeiten. Das kann man ganz handfest sehen – mit einem Blick auf Banken, Bundesrat und Behördenerlasse. Oder man kann’s prinzipiell und von einer höheren Warte aus sehen. Denn was wir gerade erleben, ist das, was Innovationen auszeichnet: Sie sind Störungen, brutale Störungen sogar. 

Bildrechte und Bestellmöglichkeit Tasse: Pop Music Wisdom

Lassen Sie uns beginnen, wie jeder hundskommune Kurs zum Thema «Innovation» beginnt: Mit Joseph Alois Schumpeter. Und mit dem Begriff der kreativen Zerstörung. Und dann lassen Sie uns weiter machen. Aber nicht so, wie es oft Kursleiter im Ponyhof für Alphatiere machen: mit der Verniedlichung von Zerstörung zur Störung. Mit der Degradation von Innovation zur Optimierung. Und mit der Huldigung von Kreativität als wichtigste Ressource des 21. Jahrhunderts, um sie anschliessend als Bastelanleitung für Teletubbies zu verramschen. Schliesslich ist das hier Popcorn und nicht das Seminarhotel zum goldenen Sönneli. 

Innovieren heisst hoffen

Zerstörung also – damit fängt’s an. Und damit, dass Routinen wegbrechen, dass alte Muster nicht mehr funktionieren und Gefahr am dunklen Horizont aufleuchtet. Das kann – soll sogar – Angst machen. Weil jede Veränderung Angst macht. Aber auch Hoffnung. Denn wenn Zerstörung der Nährboden für Innovation ist, so ist das Ziel von kreativer Zerstörung etwas anders, viel schöneres: Es ist die Erwartung, dass es besser wird. 

Den beseelten Glauben an das Bessere hat vor allem einer: Der Seefahrer. Dieser kennt seinen Ausgangshafen A. Eventuell kennt er seinen Zielhafen B (wenn er nicht gerade Christoph Kolumbus heisst). Aber was er nicht kennt, ist das Dazwischen – die weite, offene, oftmals gefährlich See. Und dennoch fährt er los (mit etwas Schiss in der Hose, aber mit viel Mut im Herzen), während der Manager noch immer im goldenen Sönneli hockt (mit Cüpli in der Hand und dem Kurs-Handout im vierfarbigen Ausdruck). 

Was den Seebären vom Anzugsträger unterscheidet? Der eine akzeptiert das Ungewisse, der andere nicht. Diese chronische Unsicherheitsintoleranz kann man Managern eigentlich nicht vorwerfen. Schliesslich ist ihre Aufgabe die Prozesssteuerung, nicht die Prozessveränderung. Oder wie es Peter Drucker sagt: Management bedeutet die «Dinge richtig zu tun» – mit einer bestimmten Methode, nach einem festgelegten Plan. Doch wer immer nur die «Dinge richtig tut», verpasst die Möglichkeit, im entscheidenden Moment die «richtigen Dinge zu tun». Das ist schade, aber für Unternehmens-Verwalter sehr verständlich. Aber neben den operativen Verwaltern gibt es auch die strategisch-kreativen Gestalter. Diese haben begriffen, dass Risikoaversität immer auch Chancenaversität bedeutet – und umgekehrt. Und dass es manchmal Mut braucht: Den Mut zur zukunftsweisenden Entscheidung. Diese Fähigkeit zur Entscheidung, dieser Mut zur Verantwortung ist es, was Unternehmer von Managern unterscheidet. Oder den Seefahrer vom Zugführer. 

Zugführer oder Seefahrer 

Zugführer fahren nach Plan – mit dem Time-Table in der Hand, der Excel-Tabelle auf dem Computer und brav von Station zu Station. Und Seefahrer fahren mit dem Wind. Darum ist für den Zugfahrer der nichtgeplante Unterbruch – so wie heute – ein gravierender Fehler und innerbetriebliche Katastrophe. Und für den Seefahrer? Der rechnet damit, dass es mal Flauten, mal leichte Brisen, mal Stürme gibt. Und er nutzt die unterschiedlichen energetischen Zustände für seine Reise. Denn Seefahrer sind agil und denken multioptional, während Lokführer ziemlich eingleisig und schnell mal festgefahren sind. Und damit sind wir beim Handfesten und bei Ihnen. 

Carpe Diem

Stürme kann man nutzen, Flauten aber auch. Denn in der Flaute ergibt sich die Chance, sich an den Navigationstisch zu setzen, seinen Kurs neu zu bestimmen und somit seine Ziele später besser – wenn das laue Lüftchen wieder weht – zu erreichen. Diesen Freiraum für das Grundsätzliche und Entscheidende kann man jetzt nutzen. Zum Denken. Und (falls ein kurzer Ausflug ins Seminarhotel Sönneli erlaubt ist:) für eine Analyse der Trend- und Umweltsphären gemäss dem St. Galler Management-Modell – z.B. mit seinem ganzen Team und über kollaborative Arbeitsumgebungen. 

Zu guter Letzt noch dies: Das Wesen von Innovation und Kreativität kann man in einem Wort zusammenfassen – mit «Prozessmusterwechsel». Diesen erleben wir heute. Was ich damit nicht sage: Dass Sie auf diesen Prozessmusterwechsel auf der Umsetzungsebene panisch-manisch reagieren sollten (bloss nicht!). Aber was ich sage: Den Unterbruch kann man für einen neuen Aufbruch nutzen – auf der Denkebene. Denn der Unterbruch von Routinen ist eine Chance für Alternativen. Für Innovationen. Und für die die richtigen Dinge. 

On more thing…

Übrigens 1: Wissen Sie, was der Unterschied zwischen Kunst und Kitsch ist? Beim Kitsch werden Rezeptions-Codes wiederholt, in der Kunst werden diese gebrochen. Darum ist Kunst manchmal schwer zu verstehen – weil Künstler eine Privatsprache entwickeln und wir erst deren Grammatik verstehen müssen, um anschliessend die Aussagen der Kunstwerke begreifen zu können. Sie sehen: Kunst führt zu intellektuellen Störungen, während Kitsch auf schnelle Lesbarkeit und unkomplizierte Anschlussfähigkeit ausgelegt ist (womit auch der Erfolg der Manager-Seminare vom Hotel Sönneli erklärt ist). 

Übrigens 2: Kennen Sie den Begriff der «Montessori-Mafia»? Damit wird der Umstand bezeichnet, dass Larry Page, Sergei Brin, Jeff Bezos, Will Wright und Jimmy Wales alle diese besondere Art der Pädagogik genossen haben – und somit eine lateral-kreative Denkart kennenlernten, die zu freigeistigen Seefahrern und nicht zu kleingeistigen Zugführern führt. Und für alle, die mehr extrinsisch-monetär motiviert sind: Auf Google findet man ganz schnell eine Liste mit den weltweit Reichsten. 

Übrigens 3: Arte hatte mal den Claim «So habe ich das noch nie gesehen». Diesen Claim würde ich mir gross ausdrucken und übers Flip-Chart hängen – als Kriterium für gute Ideen und alsMesslatte für die Ideen Ihrer Mitarbeitenden. 

Übrigens 4: Schauen Sie sich das untenstehende Video an… das ist von meinem Gott höchstpersönlich.

Übrigens 5: Das war mein letzter Blogartikel in der GCK-Serie. Meine Finger brauchen Pause und ganz unter uns: Ich kann mich ja nicht jeden Abend vor dem Abwasch drücken ;-)).

 

 


Zurück
Zurück

Die Lifestyle-Krise

Weiter
Weiter

Gegen das Corona-Koma: Valuetising statt Advertising